Wenn du mit Ängsten zu kämpfen hast und dich dadurch in deinem täglichen Leben eingeschränkt fühlst, bist du hier genau richtig. In diesem Blogartikel gehe ich darauf ein, wie du deine Angstgedanken verändern kannst und ihnen somit die Macht nimmst.
Andere Strategien zur Angstbewältigung habe ich dir in diesem Blogartikel beschrieben. Schau gerne dort vorbei, es ist sicher etwas hilfreiches für dich dabei.
Zwei Herangehensweisen
Es gibt zwei unterschiedliche Herangehensweisen, um Angstgedanken zu entmachten: bei der sogenannten kognitiven Umstrukturierung wird der Inhalt der Gedanken verändert. Im Gegensatz dazu werden bei den Metakognitiven Techniken/Defusions-Techniken die Gedanken quasi von oben („meta“ aus dem Griechischen für „über“) betrachtet und Abstand zu den Gedanken gewonnen (de-fusion).
Die kognitive Umstrukturierung verfolgt das Ziel, Gedanken zu verändern, bei der Defusion dagegen wird der Inhalt der Gedanken nicht verändert, sondern das Ziel ist, Abstand zu den Gedanken zu bekommen, sie gewissermaßen „links liegen“ zu lassen und nicht so ernst zu nehmen.
Beide Techniken können sehr gut funktionieren, daher möchte ich sie dir in diesem Artikel erklären und dir ermöglichen, diese Techniken selbst anwenden zu können.
Die Vorbereitung (für beide Techniken):
- Zunächst solltest du dir überlegen, welchen Gedanken du verändern/entmachten möchtest. Schreibe dir den Gedanken am besten auf.
- Danach stelle dir die folgenden Fragen, um den Gedanken zu reflektieren:
- Ist der Gedanke logisch/realistisch?
- Was spricht dafür, dass dieser Gedanke wahr ist?
- Was spricht dagegen?
- Was bringt mir der Gedanke? Ist er hilfreich für mich?
- Führt mich der Gedanke zu meinem Ziel bzw. bringt er mich meinem Ziel näher?
- Wenn deine Antwort auf die letzten beiden Fragen „Nein“ lautet, solltest du dich von diesem Gedanken verabschieden!
Wie dir das gelingt, erfährst du jetzt.
Kognitive Umstrukturierung
Wenn du in der Vorbereitung festgestellt hast, dass der Gedanke dir nicht hilft oder sogar (wenn du ganz ehrlich zu dir bist) ziemlich unrealistisch ist, suche dir einen Gedanken, der dir „dienlicher“ und der dir hilft, deine Ziele zu erreichen.
Du könntest damit starten, dass du aus dem Ursprungsgedanken einfach das genaue Gegenteil formulierst. Manchen Menschen ist das jedoch ein zu großer Sprung und sie würden sich den neuen Gedanken nicht „abkaufen“. Daher kann es hilfreich sein, einen Zwischenschritt zu machen. Also zum Beispiel:
„Die anderen werden mich auslachen und keiner wird mich mögen.“ -> Gegenteil: „Ich werde gemocht und es wird keiner lachen.“ -> Zwischenschritt: „Es werden sicher nicht alle lachen und ich weiß, dass es Menschen gibt, die mich mögen.“
Oder:
„Ich schaffe das nicht, ich werde versagen.“ -> Gegenteil: „Ich werde das alles super hinbekommen.“ -> Zwischenschritt: „Ich habe schon so viel geschafft, ich gebe mein Bestes und dann wird es schon klappen.“
Wenn du einen passenden neuen Gedanken für dich gefunden hast, schreibe ihn auf. Jetzt ist deine Aufgabe, dir diesen Gedanken immer wieder zu sagen (laut oder im Kopf) und ihn bestenfalls irgendwo sichtbar aufzuhängen (oder in dein Handy zu schreiben), damit er sich in dein Unterbewusstsein verfestigen kann. Da du den „alten“ Gedanken bestimmt schon einige Jahre mit dir rumschleppst, wird er sich wahrscheinlich nicht so mir nichts dir nichts verjagen lassen. Deswegen ist es wichtig, dass du den neuen Gedanken täglich übst. Nach einigen Tagen wirst du merken, wie der hilfreiche Gedanke dir in „Fleisch und Blut“ übergeht. Dann weißt du, dass du die kognitive Umstrukturierung erfolgreich beendet hast 😊
Gedankenexperiment:
Stell dir mal vor, wer du ohne diesen Gedanken wärst? Welche Art von Person würdest du sein, was würdest du tun? Was würde dir leichter fallen? Was würdest du dich trauen, wovor du jetzt zurückschreckst? Und was wäre dann möglich? Wie würdest du sich fühlen?
Dieses Gedankenexperiment kann nochmal etwas mehr Motivation heraus kitzeln und manchmal ist es wirklich erstaunlich, was ein einziger Gedanke alles verändern kann! Ins Positive und Negative.
Defusion
Aber was ist, wenn die Gedanken so stark und überzeugend sind, dass wir sie nicht inhaltlich verändern können? Vielleicht haben wir keinen Beweis dafür, dass der Angstgedanke nicht stimmt, weil wir beispielsweise noch keine andere Erfahrung gemacht haben. Wenn ich in Menschenmengen schon immer Angst hatte, wie soll ich dann den Satz: „ich bin in Sicherheit“ glauben? Unser System hat bei diesem Bespiel einfach noch nicht die Erfahrung gemacht, in solchen Situationen in Sicherheit zu sein, weil es dies immer mit „Alarm“ oder „Gefahr“ assoziiert.
Dann können die sogenannten Defusionsstrategien helfen. Hierbei geht es nicht darum den Inhalt der Gedanken zu verändern, sondern Abstand von nicht-hilfreichen Gedanken zu bekommen (eine De-Fusion zu erzeugen, also ein Auseinandertreiben).
Dazu gibt eine ganze Reihe an Strategien, die ich dir im Folgenden auflisten werden.
Achtung: Die Strategien können auf den ersten Blick albern oder komisch wirken. Ich würde dich trotzdem dazu motivieren, ein paar der Strategien auszuprobieren. Suche dir einfach eine für dich passende heraus.
Gedankenstopp:
Das ist eine ganz klassische Technik, die sich nicht nur auf Angstgedanken anwenden lässt, sondern auch auf andere belastende (Grübel-)Gedanken. Es geht dabei darum, das „Gedankenkarussell“ zu unterbrechen.
- Schritt: Bewusstwerden: Zunächst musst du natürlich erstmal merken, dass du gerade Angstgedanken hast. Das ist teilweise gar nicht so banal wie es klingt. Frage ich daher immer mal wieder bewusst, welche Gedanken dir durch den Kopf gehen. Wenn du merkst, dass es Angstgedanken oder Sorgen sind und du zu dem Schluss gekommen bist, dass sie nicht hilfreich sind folgt der nächste Schritt.
- Schritt: STOPP: Sage nun (laut oder leise) ganz bewusst „Stopp“! Du kannst auch innerlich brüllen und zusätzlich mit dem Fuß aufstampfen oder in die Hände klatschen. Das Geräusch verstärkt die Gedankenunterbrechung.
- Schritt: Versuche dann an angenehme Themen zu denken. Führe dir schöne Erinnerungen, Bilder oder Ziele vor Augen und versuche dir dies so intensiv wie möglich vorzustellen. Eine andere Möglichkeit ist, in deinen Körper zu spüren (Wo berührt dein Körper den Stuhl/den Boden/die Matratze?, Welche Muskeln kannst du noch entspannen?). Sollten wieder Angstgedanken aufkommen, gehe zurück zu Schritt 2 und wiederhole das Stopp-Signal.
Optional: Verbinde das Stopp-Signal mit einer Atemübung. So kannst du deinen Körper noch auf einer anderen Ebene beruhigen. Eine genaue Erklärung und Anweise zu verschiedenen Atemübungen findest du in meinem 7 Tage Guide zu Bewältigung von Überforderung. Du kannst ihn dir hier herunterladen.
4. Schritt: Üben: Erwarte bitte nicht, dass diese Übung sofort einwandfrei funktioniert. Es braucht (wie immer) Training. Also sei geduldig mit dir und übe diese Technik immer wieder.
Gedanken ziehen lassen
Um die Gedanken ziehen lassen zu können und somit Abstand zu ihnen zu bekommen, gibt es verschiedene Bilder, die dir dies erleichtern. Denn oft ist es nicht einfach, einen Gedanken einfach so loszulassen. Dies ist eine imaginative Übung, also bezieht vor allem deine Vorstellungskraft mit ein.
Gedanken auf Wolken setzen: Stell dir bildlich vor, du nimmst einen Angstgedanken und setzt ihn auf eine Wolke im Himmel. Diese Wolke wird dann vom Wind Stück für Stück weiter getrieben, sodass du deinen Angstgedanken nicht mehr sehen kannst.
Gedanken in einen Zug setzen: Bei dieser Variante setzt du deine Gedanken in Züge: Stelle dir vor, wie du im Bahnhof stehst, ein Zug fährt ein, du setzt deinen Gedanken hinein und der Zug verlässt samt deinem Gedanken den Bahnhof.
Gedanken auf ein Blatt im Fluss setzen: Hierbei stellst du dir vor, wie du an einem Fluss oder Bach stehst. Auf dem Gewässer siehst du ein Blatt treiben. Setze deinen Gedanken in deiner Vorstellung auf das Blatt und sieh zu, wie der Fluss das Blatt mit deinem Gedanken mit sich fließen lässt.
Probiere gerne die verschiedenen Varianten dieser Übung aus und finde heraus, welche dir am besten zusagt. Bei den Übungen kannst du natürlich auch deiner Phantasie freien Lauf lassen und sie beliebig weiterführen.
Die Angst als Person
Die Angst als ungebetenen Gast sehen. Das heißt auch mit ihr zu sprechen, als wäre sie eine Person, die du nicht sehen möchtest. Zum Beispiel so:
„Da bist du ja wieder Angst. Dich kenne ich ja schon. Du kannst aber direkt wieder gehen, denn ich brauche dich nicht. Du willst mich vielleicht beschützen, aber ich kann gut selbst auf mich aufpassen. Ich mache es jetzt trotzdem.“
Diese Technik hat mehrere Effekte:
- Du erkennst die Angst als etwas Außenstehendes (dadurch, dass du mit ihr sprichst). Das ermöglicht dir, besser Abstand davon nehmen zu können.
- Du gehst nicht direkt in den Widerstand, sondern akzeptierst im ersten Schritt, dass die Angst da ist.
- Du erkennst die Funktion der Angst: sie möchte dich beschützen.
- Du handelst nach deinen Werten, trotz Angst bzw. mit der Angst. Du hörst nicht auf sie.
Ein wichtiger Punkt ist noch, dass du nicht in den Widerstand gehst („Oh nein, ich habe schon wieder Angst… sie soll weggehen, ich will das nicht!“). Das würde die Angst nur noch stärker machen. Denn Druck erzeugt immer Gegendruck.
Es gibt noch einige andere Defusionsstrategien, doch erstmal reicht es aus, wenn du dich mit diesen Techniken auseinander setzt und sie ausprobierst. Es ist immer besser weniger Techniken zu haben, die gut funktionieren als einen Haufen von Techniken, die du nicht beherrschst und dich vielleicht sogar überfordern.
Falls du zu einem bestimmten Aspekt noch mehr Tipps brauchst oder Fragen hast, schreib es gerne in die Kommentare. Wenn du ganz individuell an deinen Ängsten (oder anderen Themen deiner mentalen Gesundheit) arbeiten möchtest, melde dich super gerne bei mir, um einen kostenlosen Kennenlerntermin zu vereinbaren und wir schauen zusammen, ob es passt. Ich freue mich, von dir zu hören!